GMP News Mai 2020 – EuGH-Entscheidung zu Fragen der Nichtigkeit einer Unionsmarke wegen mangelnder Klarheit sowie Bösgläubigkeit bei fehlender Benutzungsabsicht (EuGH, Urt. V. 29.01.2020 Sky plc ./. SkyKick UK Ltd).

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Mangelnde Klarheit und Eindeutigkeit von Begriffen im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis (WDL-Verzeichnis) von Unionsmarken, wie z.B. „Computersoftware“, führen nicht zur Nichtigkeit. Mangelnde Benutzungsabsicht führt nicht zur Bösgläubigkeit des Markeninhabers, es sei denn, aus Indizien ergibt sich die Absicht des Inhabers, in einer den redlichen Handelsbräuchen widersprechenden Weise Drittinteressen zu schaden, oder sich ein ausschließliches Recht zu anderen als zu den Funktionen einer Marke gehörenden Zwecken zu verschaffen.

Mangelnde Klarheit und Eindeutigkeit von Begriffen im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis (WDL-Verzeichnis) von Unionsmarken, wie z.B. „Computersoftware“, führen nicht zur Nichtigkeit. Mangelnde Benutzungsabsicht führt nicht zur Bösgläubigkeit des Markeninhabers, es sei denn, aus Indizien ergibt sich die Absicht des Inhabers, in einer den redlichen Handelsbräuchen widersprechenden Weise Drittinteressen zu schaden, oder sich ein ausschließliches Recht zu anderen als zu den Funktionen einer Marke gehörenden Zwecken zu verschaffen.

Aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens des High Court of Justice (England & Wales) hatte sich der Europäischen Gerichtshof (EuGH) in der o.g. Entscheidung u.a. mit folgenden Fragen zu befassen: Kann eine Unionsmarke deshalb ganz oder teilweise für nichtig erklärt werden, weil einige oder alle Begriffe im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis nicht so klar und eindeutig sind, dass der Schutzumfang bestimmbar ist. Falls diese Frage bejaht würde, ersucht das vorlegende Gericht den EuGH um Feststellung dazu, ob ein Begriff wie „Computersoftware“ im WDL-Verzeichnis zu allgemein gefasst sei und dieser Mangel einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung darstellt.   Weiter hatte der EuGH darüber zu entscheiden, ob es bösgläubig sein kann, eine Marke ohne die Absicht anzumelden, sie für die angegebenen Waren oder Dienstleistungen zu benutzen und falls diese Frage bejaht würde, ob sich die Nichtigkeit auf alle oder nur einige der beanspruchten Waren und Dienstleistungen erstrecken würde.

Der EuGH beantwortete die Vorlagefragen wie folgt: Zunächst sei festzustellen, dass der Katalog der (aktuell in Art. 7 UMV) kodifizierten Nichtigkeitsgründe abschließend sei und mangelnde Klarheit und Eindeutigkeit darin nicht als Nichtigkeitsgründe erwähnt würden.  Auch sei es den Mitgliedsstaaten untersagt, andere Ungültigkeitsgründe als die ausdrücklich vorgesehenen einzuführen (so bereits EuGH GRUR Int. 2013 792 Rn. 42 – Malaysia Dairy Industries). Daher werde die mangelnde Klarheit und Eindeutigkeit der Begriffe, die für die Bezeichnung der erfassten Waren und Dienstleistungen verwendet werden, nicht als Grund für die Ungültigkeit bzw. Nichtigkeit der betroffenen Unionsmarke angesehen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Entscheidung Chartered Institute of Patent Attorneys (EuGH, GRUR 2012, 922), in welcher nur klargestellt worden sei, welchen Anforderungen Anmelder  neuer Unionsmarken unterliegen und die somit keine Marken betreffe, die zum Zeitpunkt der Verkündung jenes Urteils bereits eingetragen worden seien.

Die Frage, ob die Anmeldung einer Marke ohne die Absicht, diese für die von der Eintragung erfassten Waren und Dienstleistungen zu benutzen, bösgläubig sei und damit die betreffende Marke ganz oder teilweise nichtig werde, beantwortet der EuGH wie folgt: Die absoluten Nichtigkeits- bzw. Ungültigkeitsgründe  fänden nur dann Anwendung, wenn sich aus schlüssigen und übereinstimmenden Indizien ergäbe, dass der Inhaber einer Marke diese nicht mit dem Ziel eingereicht habe, sich in lauterer Weise am Wettbewerb zu beteiligen, sondern mit der Absicht, in einer den redlichen Handelsbräuchen widersprechenden Weise Drittinteressen zu schaden, oder mit der Absicht, sich ein ausschließliches Recht zu anderen als zu den Funktionen einer Marke gehörenden Zwecken zu verschaffen.  Die Bösgläubigkeit könne daher nicht auf der Grundlage der bloßen Feststellung angenommen werden, dass der Anmelder bei der Anmeldung keinen Geschäftsbereich hatte, der den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen entspreche. Beziehe sich die fehlende Absicht, die Marke entsprechend den wesentlichen Funktionen einer Marke zu benutzen nur auf einige Waren und Dienstleistungen, stelle die Anmeldung nur insoweit bösgläubiges Handeln dar, als sie diese Waren oder Dienstleistungen betreffe.

Schließlich hatte der EuGH darüber zu befinden, ob für nationale Rechtsordnungen im Anwendungsbereich der Unionsmarke das Recht verbleibt, bei der Markenanmeldung die Abgabe einer Erklärung zur Benutzungsabsicht zu verlangen. Ein solches Vorgehen wird vom EuGH als mit Gemeinschaftsrecht vereinbar angesehen, soweit ein Verstoß gegen diese Erklärungspflicht als Rechtsfolge nicht zur Ungültigkeit der betroffenen Marke führt, sondern lediglich als Beweismittel für den Nachweis einer etwaige Bösgläubigkeit des Markeninhabers dient.

Quelle: EuGH (Vierte Kammer), Urt. V. 29.01.2020 – C 371/18 (Sky plc ua ./. SkyKick UK Ltd ua).

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