Benutzung in DE reicht nicht mehr für rechtserhaltende Benutzung in der Schweiz

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Deutschland hat mit Note vom 30. April 2021 das Übereinkommen zwischen der Schweiz und Deutschland betreffend den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz, abgeschlossen am 13. April 1892, mit Wirkung zum 31. Mai 2022 gekündigt. Ab dem 1. Juni 2022 können sich Markeninhaber in Deutschland und der Schweiz somit nicht mehr auf die Benutzungsfiktion dieses Übereinkommens berufen.

Deutschland hat mit Note vom 30. April 2021 das Übereinkommen zwischen der Schweiz und Deutschland betreffend den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz, abgeschlossen am 13. April 1892, mit Wirkung zum 31. Mai 2022 gekündigt. Ab dem 1. Juni 2022 können sich Markeninhaber in Deutschland und der Schweiz somit nicht mehr auf die Benutzungsfiktion dieses Übereinkommens berufen. Benutzungspflichtige Schweizer Marken müssen künftig in der Schweiz benutzt werden, um als gebraucht zu gelten (vergl. aber die Ausnahme von MSchG 11, Abs. 2 im Bezug auf Exportmarken). Die Benutzung in Deutschland kann daher dem Schweizer Markeninhaber nicht mehr angerechnet werden. Allerdings hat das IGE angekündigt, dass das Übereinkommen bei allen Widerspruchsverfahren nach Art. 31 MSchG, in denen ein Nichtgebrauch gemäss Art. 32 MScHG geltend gemacht wird, sowie bei allen Löschungsverfahren wegen Nichtgebrauchs auch in Zukunft anwendbar bleiben soll, sofern die relevante Gebrauchsperiode vor der Vertragskündigung liegt.

Dieser Kündigung vorangegangen war die Entscheidung des Europäischen Gerichtshof vom 22. Oktober 2020 in den verbundenen Rechtssachen C-720/18 und C-721/18 (Ferrari SpA gegen DU)

In dieser Entscheidung hatte der EuGH unter anderem für Recht erkannt: Art. 351, Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass es einem Gericht eines Mitgliedstaats gestattet ist, ein vor dem 1. Januar 1958 oder, im Fall von Staaten, die der Europäischen Union beigetreten sind, vor ihrem Beitritt geschlossenes Übereinkommen zwischen einem Mitgliedstaat der Union und einem Drittstaat, wie das am 13. April 1892 in Berlin unterzeichnete Übereinkommen zwischen der Schweiz und Deutschland […] Anwendung finden kann, bis eines der in Art. 351, Abs. 2 AEUV vorgenannten Mittel es gestattet, etwaige Unvereinbarkeiten zwischen dem AEUV Vertrag und dem Übereinkommen zu beheben. Der EuGH hat in seiner Entscheidung weiter ausgeführt, dass das Übereinkommen von 1892 mit dem Unionsrecht unvereinbar ist und das Deutschland zu der Behebung der Unvereinbarkeit nach Art. 351, Abs. 2 AEUV verpflichtet sei. Dieser Verpflichtung ist die Bundesrepublik Deutschland nunmehr mit der Kündigung durch die Noten vom 30. April 2022 und 29. Dezember 2021 gefolgt.

Link zur EuGH Entscheidung: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:62018CJ0720&from=de