EuGH: Verwendung frei zugänglicher Fotografie auf Website einer Schule verletzt Recht der öffentlichen Wiedergabe
Mit Urteil vom 7. August 2018 (Rechtssache C-16/17) hat der EuGH den Begriff der (die Zustimmung des Urhebers erfordernde) «öffentlichen Wiedergabe» im Sinne von Art. 3 I der RL 2001/29/EG dahingehend ausgelegt, dass dieser Begriff die Einstellung einer Fotografie auf einer (nicht-kommerziellen) Website auch dann erfasst, wenn die Fotografie zuvor ohne beschränkende Maßnahmen, die ihr Herunterladen verhindert, und mit Zustimmung des Rechtsinhaber auf einer anderen Website veröffentlicht worden ist.
Mit Urteil vom 7. August 2018 (Rechtssache C-16/17) hat der EuGH den Begriff der (die Zustimmung des Urhebers erfordernde) „öffentlichen Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 I der RL 2001/29/EG dahingehend ausgelegt, dass dieser Begriff die Einstellung einer Fotografie auf einer (nicht-kommerziellen) Website auch dann erfasst, wenn die Fotografie zuvor ohne beschränkende Maßnahmen, die ihr Herunterladen verhindert, und mit Zustimmung des Rechtsinhaber auf einer anderen Website veröffentlicht worden ist.
Gegenstand des Rechtsstreits, welcher zur Vorlage der oben genannten Rechtsfrage durch den deutschen BGH an den EuGH führte, war der Streit zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen als Träger einer öffentlichen Schule und Dirk Renckhoff, einem Fotografen. Eine Schülerin in einer NRW gelegenen Schule hatte im Rahmen eines Vortrages eine von Herrn Renckhoff angefertigte Fotografie der Stadt Cordoba verwendet. Sie hatte das Bild auf der Website eines Online-Reisemagazins im Internet frei zugänglich vorgefunden. Das mit der Fotografie illustrierte Dokument wurde auf den Server der Schule geladen und auf der Website der Schule veröffentlicht. Der Urheber der Fotografie, Herr Dirk Renckhoff, machte in der Folge geltend, er habe dem Online-Reisemagazin ein einfaches Nutzungsrecht an der Fotografie eingeräumt – nicht aber der Schule. Er klagte auf Schadensersatz im Umfang von € 400. Nachdem die beiden ersten Instanzen die Klage des Fotografen im Wesentlichen gutgeheißen hatten, ging die Beklagte in die Revision. Der BGH hatte Zweifel daran, ob der Sachverhalt im Lichte der jüngeren EuGH-Rechtsprechung tatsächlich als öffentliche Wiedergabe zu qualifizieren sei. Da es sich bei dem Recht zur öffentlichen Wiedergabe um eine Art. 3 I der RL 2001/29/EG harmonisiertes Recht handele, seien, so der BGH, die entsprechenden Bestimmungen des deutschen Urheberrechtsgesetz Richtlinienkonform auszulegen. Da dieser Bereich vollständig harmonisiert sei, dürften die Mitgliedstaaten das durch diese Vorschrift begründete Schutzniveau weder unterschreiben noch überschreiben. Daher setzte der BGH das Revisionsverfahren aus und legte dem EuGH die folgende Frage vor: „Stellt die Einfügung eines auf einer fremden Internetseite mit Erlaubnis des Urheberrechts Inhabers für alle Internet Nutzer frei zugänglichen Werkes in eine eigene öffentlich zugängliche Internetseite ein öffentliches zugänglich machen im Sinne des Art. 3 I der RL 2001/29 dar, wenn das Werk zunächst auf einem Server kopiert und von dort auf die eigene Internet Seite hochgeladen wird?“.
Auf diese Vorlagefrage antwortete der EuGH, dass in vorliegenden Fall seine Rechtsprechung zur Linksetzung nicht anwendbar sei. In verschiedenen Fällen („Svensson“ etc.) hatte der EuGH entschieden, dass die Zugänglichmachung eines geschützten Werkes über einen anklickbaren Link, der auf eine andere Website verweist, auf der die ursprüngliche Wiedergabe erfolgbar, nicht als eine „öffentliche Wiedergabe“, gerichtet an ein „neues Publikum“ zu bewerte sei, wenn die Werke auf der ersten Website ohne beschränkende Maßnahmen frei zugänglich waren (vergleiche Svensson/Retriever Sverige; GRUR 2016, 60 Rn. 14 u. 15). Da es im vorliegenden Fall nicht um blosse Linksetzung geht, sondern das geschützte Werk auf den Server der beklagten Schule geladen worden war, von wo es über die Website abgerufen werden konnte, bejahte der BGH in dem Urteil in der vorstehend genannten Angelegenheit das Vorliegen eines „neuen Publikums“ und damit im Ergebnis die Verletzung des Rechts der öffentlichen Wiedergabe. Darüber hinaus, so der BGH der Entscheidung, habe das Einstellen des Referats mit der streitbefangenen Fotografie auf der Internetseite der Schule auch in das Vervielfältigungsrecht des Klägers gemäß § 16 UrhG eingegriffen (BGH a.a.O RN Schließlich stehe dem Unterlassungsanspruch des Klägers auch keine Urheberrechtliche Schutzschranke entgegen. Zwar sei die Vervielfältigung nach § 150 1 UrhG zum Zwecke des Zitats zulässig. Das Berufungsgericht habe jedoch zu Recht das Vorliegen eines Zitats verneint, da die Fotografie lediglich der gedient habe.
Anders als bei der Setzung eines Links auf ein zuvor ohne Schutzmaßnahme im Internet zu gängliches Werk stellt also die Verwendung eines urheberrechtlichen Werks wie einer Fotografie eine (zustimmungspflichtige) öffentliche Wiedergabe dar, wenn das entsprechende Werk zuvor separat auf einen eigenen Server hochgeladen worden ist und damit einer „neuen Öffentlichkeit“ zugänglich gemacht wird.
Quelle: EuGH Urteil vom 10.1.2019 – 1 ZR 267-15) (GRUR 2019, 813 ff.)